Sonntag, 5. Oktober 2014

Arbeitgeber: Barmherzigkeit reduzieren



Während die Kasper-Fraktion im ewigen Hase-und-Igel-Wettkampf um die Angleichung an die Welt die Kirche schon nahe am Ziel wähnt, taucht der Igel plötzlich am anderen Pol auf:

Wozu taugen Arbeitszeugnisse eigentlich noch? … Zunehmend verlieren die Beurteilungen früherer Arbeitgeber bei der Bewerberauswahl an Bedeutung. … Schlechte Noten gibt es selten, das Weglassen eines ausdrücklichen Lobs ist schon der höchste Ausdruck des Missfallens.
Mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches Anfang 1900 wurde der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis juristisch geregelt. Seither sind Wahrheit und Wohlwollen die wichtigsten Grundsätze im Zeugnisrecht. …
Der Jurist und Autor Hein Schleßmann fordert in seinem Fachbuch Das Arbeitszeugnis daher eine Einschränkung des Wohlwollens. Die inflationäre Verwendung des Begriffs Wohlwollen schädige das Image des Arbeitszeugnisses, schreibt er. Man müsse auch Schwächen und Minderleistung benennen dürfen.

Auch hier lässt sich wieder nichts Treffenderes sagen, als Bernard von Clairvaux schon vor 900 Jahren getan hat:

Wollte die Barmherzigkeit nicht der Wahrheit begegnen, so wäre sie keine Barmherzigkeit (misericordia), sondern Ängstlichkeit (miseria); wollte die Wahrheit nicht dem Erbarmen begegnen, so wäre sie keine Wahrheit (veritas), sondern Härte (severitas).

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