Donnerstag, 7. September 2017

Germanische Wurzeln

Beim Stöbern im Germanischen Wörterbuch fand sich Folgendes:

Das germanische luba wird neuhochdeutsch einmal zu Lob im Sinne von Preis, findet sich aber desweiteren in Er-laub-nis, Ur-laub. Leicht verständlich: wenn man etwas loben oder gutheißen kann, ist es erlaubt. (Entsprechend ist lateinisch lubet = es ist erlaubt.)

Das Verb zu luba ist luben = hoffen, was germanisch ein weiteres Substantiv lubains = Hoffnung gibt, welches sich anscheinend in späteren Sprachstufen nicht erhalten hat.

Im Mittelhochdeutschen wird loben nicht nur im Sinne von „preisen“ oder „gestatten“ verwendet, sondern auch im Sinne von „versprechen“, wie es in ge-loben oder ver-loben erhalten ist, denn ein anderes germanisches Verb zu luba ist laubian, was neben erlauben und loben schon glauben bedeutet; deutlicher in ga-laubian (glauben, eigentlich gut heißen, gern haben; so ist gotisch galaufs = wertvoll). (Das englische be-lieve stammt über das angelsächsiche ge-liefan auch hierher.)

Das Adjektiv zu luba ist leuba = lieb, woraus althochdeutsch liubi und mittel-/neuhochdeutsch Liebe wird. Aus derselben indogermanischen Wurzel lubh kommt altslawisch ljuby (Liebe), lateinisch libido (Begierde), sanskrit lubhyati (empfindet heftiges Verlangen), angelsächsisch lufu, englisch love (Liebe). Auch einsichtig: was man loben kann, wird man auch lieben.

So wachsen die drei Blüten (sozusagen) Glaube, Hoffnung und Liebe (zumindest sprachlich) aus der Wurzel Lob, so wie die Kardinaltugenden Glaube, Hoffnung und Liebe aus dem Lobe Gottes. Fand ich interessant.

Sonntag, 9. Juli 2017

Heidnische Sitten

Höchst selten kommt es in dem so zahlreichen Volk zu Ehebruch; und dann folgt die Strafe unmittelbar und ist dem Mann überlassen. Mit abgeschnittenem Haar, entblößt, vor den Augen der Verwandten jagt er das Weib aus dem Hause und peitscht sie mit Ruten durchs ganze Dorf. Und für preisgegebene Keuschheit gibt es keine Verzeihung: nicht Schönheit, nicht Jugend, nicht reiche Habe könnte ihr einen Mann gewinnen. Denn dort lacht niemand über das Laster, und Verführen und Sichverführenlassen heißt nicht „der Geist der Zeit“.
Besser steht es gewiß noch um Völkerschaften, bei denen nur Jungfrauen heiraten und mit der Hoffnung und dem Gelübde der Ehefrau einmal für immer abschließen. So erhalten sie einen Mann, wie sie einen Leib und ein Leben erhalten haben, auf daß sich kein Gedanke darüber hinaus, kein Begehren weiter verirre, daß sie gleichsam nicht den Ehegemahl, sondern die Ehe selber lieben. Die Zahl der Kinder zu beschränken oder ein nachgeborenes zu töten, gilt als verruchte Tat; mehr vermögen dort gute Sitten als anderswo gute Gesetze.
(Tacitus, Die Germania 19)